Ein neuer Mieter für die Mietwohnung ist gefunden, der Mietvertrag ist unterschrieben, und scheinbar ist alles unter Dach und Fach. Doch unvermittelt will sich der neue Mieter wieder vom Vertrag zurückziehen. Solche Situationen kommen durchaus vor, vielleicht weil es beim Mieter mit der Arbeitsstelle doch nicht wie vorgesehen klappt und er nun woanders hinziehen will oder einfach, weil er eine für sich passendere Wohnung gefunden hat. Allerdings gibt es einen unterschriebenen Vertrag, plötzliche Rückzieher sind damit nicht so einfach. Unter welchen Umständen können Mieter – und Vermieter – einen bereits unterschriebenen Mietvertrag widerrufen oder wieder davon zurücktreten?
Mietvertrag und rechtliche Bindung
Per Definition ist ein Vertrag eine rechtsgültige Abmachung zwischen zwei oder mehreren Parteien. Ist ein Mietvertrag einmal unterschrieben, ist er damit grundsätzlich auch gültig und wirksam.
Ein gesetzliches Rücktrittsrecht gibt es bei Mietverträgen prinzipiell nicht und ebenso wenig ist vorgesehen, dass es sich ein Mieter oder ein Vermieter plötzlich nochmals anders überlegt und die Vereinbarung einfach wieder ohne Folgen aufkündigt. Gültig ist die Vereinbarung direkt nach der Unterschrift, d. h. der Mieter muss dafür die Wohnung noch nicht bezogen haben. Für den Vermieter bedeutet das, dass er die Mietwohnung wie vereinbart bereitstellt, für den Mieter bedeutet es, dass er die vereinbarte Miete zahlt.
Doch tatsächlich gibt es auch Ausnahmen. Bei bestimmten Konstellationen existiert die Möglichkeit, einen Mietvertrag zu widerrufen oder vom Mietvertrag zurückzutreten. Wann ist das der Fall?
Widerruf des Mietvertrages bei gewerblichen Vermietern und Haustürgeschäften
Seit dem 13. Juni 2014 ist die EU-Verbraucherrechtrichtlinie 2011/83/EU in Kraft. Diese war zunächst für den Verbraucherschutz bei Online-Geschäften konzipiert und verlangt bei sogenannten Fernabsatzverträgen, also Verträgen die z. B. per Telefon, Brief oder E-Mail und bei sog. Haustürgeschäften bzw. außerhalb der Geschäftsräume von Unternehmern geschlossenen Verträgen ein zweiwöchiges Widerrufsrecht für Verbraucher.
Betroffen sind von dieser Richtlinie Vermieter, die als Unternehmer eingestuft werden. Diese müssen privaten Mietern (nicht gewerblichen) aufgrund der EU-Richtlinie immer ein zweiwöchiges Widerrufsrecht einräumen. Innerhalb dieser Frist kann sich der Mieter ohne Konsequenzen wieder vom Mietvertrag zurückziehen, auch wenn er zwischenzeitlich schon eingezogen sein sollte.
Welche Vermieter sind Unternehmer?
Wer mehrere Wohnungen vermietet, kann als Unternehmer eingestuft werden. Die gewerbliche Vermietung beginnt je nach Rechtsprechung bei 3 bis 8 Mietwohnungen. Es kommt auf den Einzelfall an. Vermietet man lediglich eine Wohnung, ist man kein Unternehmer. Wohnungsgesellschaften mit einer größeren Zahl an Mietwohnungen sind grundsätzlich Unternehmer. Ist eine Hausverwaltung beauftragt und tritt diese wie ein Vermieter auf, gilt der tatsächliche Vermieter immer als Unternehmer, egal wie viele Wohnungen er hat. Will ein Mieter sein Widerrufsrecht für einen Mietvertrag nutzen und es wurde bislang kein Widerrufsrecht eingeräumt, muss der Mieter bei unklarer Sachlage nachweisen, dass der Vermieter ein Unternehmer ist.
Widerrufsrecht und Belehrung
Ein Vermieter mit der Eigenschaft eines Unternehmers muss seinen Mieter schriftlich über dessen Widerrufsrecht informieren. Die sog. Belehrung über das Widerrufsrecht muss darlegen, dass der Mieter den Mietvertrag „innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen“ widerrufen kann. Verletzt er seine Informationspflicht, verlängert sich das Widerrufsrecht des Mieters automatisch um ein volles Jahr. Es kommt durchaus vor, dass Vermieter eine Widerrufsbelehrung nicht vornehmen, weil sie nicht wissen, dass sie eine derartige Informationspflicht haben. Bei einem Widerruf muss der Vermieter dem Mieter die bereits gezahlte Miete inklusive Nebenkosten zurückerstatten. Wurde der Mieter nicht über sein Widerrufsrecht informiert, könnte er also theoretisch innerhalt eines Jahres und 14 Tagen den Mietvertrag widerrufen und die gezahlte Miete für diese gesamte Zeit zurückverlangen.
Wann gibt es kein Widerrufsrecht?
In der Praxis gibt es für die meisten Mietverträge kein Widerrufsrecht. Denn, wie oben dargelegt, gibt es ein Widerrufsrecht nur, wenn der Vermieter ein Unternehmer ist und wenn es sich beim Vertrag um einen Fernabsatzvertrag handelt oder der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. In allen anderen Fällen steht dem Mieter kein Widerrufsrecht im obigen Sinne zu.
Es besteht also grundsätzlich kein Widerrufsrecht, wenn
- der Vermieter eine Privatperson und kein Unternehmer ist. Hat der Vermieter zum Beispiel nur eine oder zwei Mietwohnungen, die er vermietet, ist er kein Unternehmer.
- der Mietvertrag in einem Geschäftsraum des Vermieters oder der Hausverwaltung unterschrieben wurde. Denn dann handelt es sich nicht um einen Fernabsatzvertrag.
- der Mieter die Wohnung zuvor komplett besichtigt hat. Denn dann handelt es sich ebenfalls um keinen Fernabsatzvertrag. (Allerdings muss es für den Mieter möglich gewesen sein, alle Räume, z. B. inklusive Keller, Dachboden etc. sehen zu können. Konnte er das nicht, besteht weiterhin ein Widerrufsrecht, außer der Mieter hat freiwillig auf das Begehen einzelner Räume verzichtet, was im Zweifelsfall aber zu beweisen wäre, z. B. durch Zeugen oder ein Besichtigungsprotokoll.)
- die Mietsache nicht für private Wohnzwecke, sondern gewerblich vermietet wird.
Rücktrittsklausel – spezielle Vereinbarungen
Natürlich können Mieter und Vermieter innerhalb des Rahmens des Mietrechts untereinander spezifische vertragliche Vereinbarungen treffen, falls sie das für angemessen halten. Möglich ist in diesem Zusammenhang, vertraglich die Möglichkeit eines Rücktritts im Mietvertrag zu vereinbaren. Beispielsweise ist der Mieter in spe nicht sicher, ob er seine neue Arbeitsstelle wie geplant antreten kann. Dann kann ihm der Vermieter, falls z. B. der betreffende Mieter sein Wunschkandidat ist, entgegenkommen und ein Rücktrittsrecht einräumen.
Mustermietverträge enthalten eine solche Regelung normalerweise nicht, lassen aber meist Platz für entsprechende Vereinbarungen.
Rücktrittsrechte werden selten vereinbart, speziell für Vermieter ist eine solche Vereinbarung oft wenig zweckmäßig. Ist jedoch ein Rücktrittsrecht vereinbart, können sowohl Mieter wie auch Vermieter dies in Anspruch nehmen. Solange das Mietverhältnis noch nicht regulär begonnen hat und der Mieter noch nicht eingezogen ist, können sowohl der Mieter als auch der Vermieter ohne Angabe von Gründen vom Mietvertrag zurücktreten. Hat der Mieter bereits eine Kaution hinterlegt, muss ihm diese dann natürlich zurückerstattet werden.
Rücktritt bzw. Vertragsaufhebung bei Mängeln oder arglistiger Täuschung
Wann der Mieter vom Vertrag zurücktreten kann
Bei Mängeln der Mietsache: Ist die Heizung kaputt, sind die Wände in Wohnräumen nass oder bildet sich aufgrund von Bauschäden Schimmel in der Wohnung, sind erhebliche Mängel vorhanden, die das Bewohnen der Mietwohnung evtl. unzumutbar machen. Werden die Mängel nicht behoben, ist ein Mieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigt und kann auf diesem Wege dem Vertrag „entkommen“. Hilfreich ist dabei unter Umständen, wenn bei Bezug der Wohnung ein Wohnungsübergabeprotokoll angefertigt wurde, in dem der Zustand der Wohnung bei Einzug dokumentiert ist.
Ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar, ist es übrigens unerheblich, ob der Vermieter die Zustände direkt zu verantworten hat oder ob die Mängel durch äußere Einflüsse herbeigeführt wurden.
Bei Arglistiger Täuschung: Dieser Fall kann eintreten, wenn der Vermieter ihm bekannte Schäden verschweigt oder der Wohnung bewusst Eigenschaften zuschreibt, die sie gar nicht hat. Beispielsweise weiß er von permanentem Baulärm und gibt diese Information nicht weiter oder stellt die Wohnumgebung als kinderfreundlich dar, während die Nachbarn Kinderlärm nicht dulden wollen. Oder Räume dürfen z. B. aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht wie vorgesehen genutzt werden.
Arglist ist oft nicht leicht zu beweisen, deshalb empfiehlt sich für den Fall des Falles eine kompetente Rechtsberatung.
Arglist berechtigt prinzipiell zu einer fristlosen Kündigung, was natürlich den Vertrag beendet. Davor muss der Vertrag allerdings erst einmal angefochten werden, um nach einer möglichen Einigung zu suchen. Ist keine Einigung erzielbar und die Fortführung des Mietverhältnisses weiterhin nicht zumutbar, kann der Mieter vom Vertrag zurücktreten.
Wann der Vermieter vom Vertrag zurücktreten kann
Ein Rücktritt vom Vertrag ist für einen Vermieter prinzipiell nur dann eine Option, wenn eine Täuschung von Seiten des Mieters vorliegt. Beispielsweise, wenn der Mieter falsche Angaben zu seinem Einkommen bzw. seiner Bonität macht oder eine Bürgschaft gefälscht hat.
Auch hier wird der Vertrag in der Regel zunächst angefochten. Ein Vertrag kann ein Jahr lang, nachdem man von der Täuschung erfahren hat, angefochten werden. Bei Erfolg verliert der Vertrag rückwirkend seine Gültigkeit.
Kündigung als Alternative zum Rücktritt
Wie bereits dargestellt, sind die rechtlichen Umstände, unter denen ein Widerruf des Mietvertrages oder ein Rücktritt möglich sind, oft nicht gegeben. Will man das Mietverhältnis dennoch beenden, bleibt dann eigentlich nur, die gesetzlichen und im Vertrag festgeschriebenen Möglichkeiten zu nutzen. Oder man verständigt sich mit dem Vertragspartner auf eine gütliche Einigung.
Mieter:
Liegen keine außerordentlichen Kündigungsgründe wie Mängel der Mietsache oder arglistige Täuschung durch den Vermieter vor bzw. handelt es sich um keinen Fernabsatzvertrag, aus dem sich eine Widerrufsfrist ergibt, bleibt dem Mieter eigentlich nur die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung.
Eventuell kann er mit dem Vermieter auch einen Aufhebungsvertrag mit individuellen Bedingungen für die Beendigung des Mietverhältnisses aushandeln, am besten schriftlich. Oder man bringt dem Vermieter einen geeigneten Nachmieter, bei dem dieser möglicherweise bereit ist, den jetzigen Mieter aus Kulanz aus seinem Vertrag zu entlassen bzw. es gibt im Mietvertrag eine echte Nachmietklausel, nach der der Vermieter den beigebrachten Nachmieter akzeptieren muss.
Bei der ordentlichen Kündigung gilt für Mieter eine gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten ab Vertragsbeginn. Unerheblich ist dabei, ob der Mieter die Wohnung bezieht oder nicht. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und dem Auslaufen des Vertrags muss er in jedem Fall die Miete bezahlen.
In manchen Fällen ist im Mietvertrag individuell auch eine Mindestmietdauer festgeschrieben, die über drei Monaten liegt. Dann ist bis zum Ablauf dieses Zeitraums keine Kündigung möglich und der Mieter muss die Miete bis zum Ablauf der Mindestmietdauer bezahlen, auch wenn er bereits davor wieder auszieht. Allerdings kann der Vermieter auch hier kulant sein und den Mieter davor aus dem Vertrag entlassen, muss aber nicht.
Vermieter:
Für Vermieter sind die Möglichkeiten, einen Mietvertrag zu widerrufen oder davon zurückzutreten ebenfalls sehr begrenzt, wenn es, wie meist, keine Rücktrittsklausel gibt.
Im Prinzip bleiben dann nur die Möglichkeiten zur fristlosen Kündigung, wenn der Mieter die Miete nicht bezahlt oder sonstige grobe Vertragsverletzungen begeht oder eine ordentliche Kündigung, wenn z. B. unvorhergesehen Eigenbedarf an der vermieteten Wohnung entsteht. Begeht der Mieter keine Vertragsverletzung oder besteht kein Eigenbedarf, ist eine Kündigung rechtlich kaum möglich und der Mietvertrag bleibt in Kraft.
Ich hoffe diese Ausführungen können in diesem oft etwas undurchsichtigen Bereich Klarheit schaffen.
Herzlichst,
Rainer Fischer
Ihr Immobilienmakler München für den stressfreien Verkauf
Telefon +49 89-131320
Rainer Fischer ist seit 1992 seriöser Immobilienmakler in München. Selbst hat er über 1.100 Immobilien verkauft. Vor diesem Hintergrund bietet er Immobilieneigentümern sachkundige Hilfe beim stressfreien Verkauf ihrer Immobilien an. Rufen Sie an: Tel. +49 89-131320.
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